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Gedanken zum Abschied von Pfarrer Klaus-­Michael Streibert

Normalerweise fehlen mir nicht die Worte. Aber gerade würde ich am liebsten schweigen und weinen. Bewegt blättere ich in meiner kleinen Sammlung von Predigttexten Klaus­-Michaels, die er mir auf meine Bitte hin nach dem Gottes­dienst manchmal per Mail ge­schickt hat.

Angelehnt an den Psalm 139 lese ich: „Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar ge­macht bin; wun­derbar sind deine Werke; das er­kennt meine See­le.

Diese Worte stehen aus meiner Sicht auf besondere Weise für den Glau­ben Klaus­-Michaels, den er in unge­zählten Gottesdiensten, Gesprächs­ runden mit „seinen“ Senioren, Hauskreisabenden und Rüstzeiten lebte:

Er war fest davon überzeugt, dass Gott uns so liebt, wie wir sind. Wir müssen uns nicht verbiegen, ihn beeindrucken oder um seine Gunst buhlen.

Habt keine Angst, möchte Gott im­mer wieder sagen, wenn wir uns elend und verlassen fühlen, habt keine Angst vor dem Leben. Ihr Kin der und ihr Großen, ihr gehört doch zu mir. Kein Mensch kann mir je­mals verloren gehen, kein Mensch darf auf der Strecke bleiben, kei­ner“, schrieb er in einer weiteren Predigt.

Mit den Gottes­diensten in offener Form brachte er überraschende Ideen und mehr persönlichen Be­zug zu unseren heutigen Sorgen und Hoffnungen in unsere Kirche. In diesen Gottes­diensten konnte ich Gott besonders nah sein.

Nicht nur durch die stattfindenden Agapemahle wa­ren das Momente, in denen die Gemeinde Gott spürte und ein emotionales Miteinander er­ lebte. „Es war Kirche so anders und lebendig und menschlich und nah“ formulierte eine Freundin.

Diese Gottesdienste durften wir ge­nießen und daraus Hoffnung, Mut und Kraft für unseren Alltag schöp­fen. Von seinem faszinierend weit gefächerten Wissen durften wir im­mer wieder profitieren; die spannen­den Abende werde ich nicht ver­gessen. Manchmal gab es unbeque­me Antworten. Klaus-­Michael war ein tiefgründiger Prediger, ein her­ausragender Geschichtenerzähler, ein mitfühlender Freund, ein objek­tiver Ratgeber, ein kreativer „An­schubser“, ein kritischer Mitdenker, ein beeindruckend geduldiger Kämpfer und ein besonders liebens­werter und bescheidener Mit­mensch. Er war da. Immer. Für alle. Und auch er hatte Fragen:

„Manches, was in der Welt und in meinem Leben geschieht, kann ich nicht mit Gottes Güte und Liebe zu­sammendenken, das verstehe ich einfach nicht. Was auch immer ich über Gott sagen will, es überschrei­tet die Grenze meines Vorstellungsvermögens. Und dennoch: Ich möchte mir das Staunen erhalten über das ganz Kleine, wie das Sand­korn, und das Staunen über die gro­ßen Zusammenhänge, auch wenn ich nicht alle verstehe.“

Klaus-­Michael war zutiefst ehrlich und lange zuversichtlich. Ein beson­derer und außerordentlich geschätz­ter und geliebter Mensch hat sich verabschiedet.

„Wir selbst können und dürfen wie richtige Engel sein, von Gott höchst­ persönlich geschickt, besonders, wenn Menschen neben uns unglück­lich sind. Wenn in ihnen die Welt zerbrochen ist, ja, dann dürfen wir wie Engel sein von Gott höchstper­sönlich geschickt. Dann öffnet sich auch immer und immer wieder ein klein wenig der Himmel über uns,“ sagte er.

Unser aufrichtig empfundenes Mit­gefühl gilt besonders der großen Fa­milie Klaus­-Michaels.

Tief berührt und unbeschreiblich dankbar verabschieden wir uns von Klaus­-Michael Streibert.

„Man lebt zweimal: Das erste Mal in der Wirklichkeit. Das zweite Mail in der Erinne­rung.“ (Honoré de Balzac)

Grit Loschke für die Gundorfer Kirchgemeinde