Ein stürmischer Herbsttag, doch die Sonne lacht. Wir lachen auch, denn wir sind aufs Feld gegangen zum Drachensteigen.
Da fliegt er an seiner bunten Schnur, und er lacht auch, der Drachen. So viele Jahre ist es schon her, dass die Kinder sein Gesicht aus buntem Papier aufgeklebt haben, Fransen geschnitten, Schleifen gefaltet als Gewichte für die Schnur. So viele schöne Erinnerungen. Vor lauter Freude haben wir sie nicht bemerkt, die Wolken am Horizont. Nun wer den die Windböen stärker.
Eine kommt besonders heftig. Und – oh nein! Sie reißt, die betagte Drachenschnur.
Und der Drachen fliegt und fliegt und fliegt und fliegt … in den weiten Himmel.
Wenn ein Mensch geht, sagen wir: jetzt ist er oder sie im Himmel. Jetzt hat er oder sie es gut. Jetzt lebt er oder sie im Reich Gottes, in seiner herrlichen ewigen Hütte, wo es keinen Schmerz und keine Tränen gibt, weil dort Sein guter Wille regiert. "Jesus spricht: Das Reich Gottes ist mitten unter euch."
Der Monatsspruch für den Monat Oktober (Lukas 17, Vers 21) bringt den Himmel unserer Vorstellung zum Einstürzen. Keine majestätische Höhe, keine Weite fern von Leid und Alltag. Hier, am Boden der Tatsachen ist mein Reich, sagt Gott. Hier, mitten unter Menschen, die Fehler machen, die einander verletzen.
Es kann hier sein, weil Er, der auf erstandene Christus, mitten unter uns ist. Er ist da, wo wir in seinem Namen einander um Vergebung bitten, einander tröstend in den Arm nehmen, gemeinsam an ihn denken und mit ihm sprechen.
Am nächsten Wochenende soll es regnen. Dann werden wir die Schachteln mit den Kinderfotos herausholen und uns unseren Drachen noch einmal anschauen. Immer kleiner ist er geworden über die Jahre im Verhältnis zu den Kindern.
Dann werden wir diskutieren, ob wir einen neuen Drachen bauen und wie der aussehen soll.
Dann werden wir hoffen und beten, dass auch die nächsten Jahre am Himmel über dem Feld nur bunte Drachen fliegen werden.
Und das Reich Gottes wird mitten unter uns sein.
Eine gesegnete Herbstzeit wünscht Ihnen: Ihre Pfarrerin Sabine Wagner